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27.06.2023

beispielhaft, Förderung, Jugend ins Zentrum, Verbandsnachrichten

Ein Blick zurück nach vorn. Zehn erfolgreiche Jahre „Jugend ins Zentrum“

Von: Katrin Jahn

Das Förderprojekt „Jugend ins Zentrum!“ ermöglichte bundesweit Bündnisprojekte kultureller Bildung für Kinder und Jugendliche in Risikolagen. Es machte weit mehr als 11 000 Kindern und Jugendlichen Kultur zugänglich und Kunst erlebbar. Ebenso wie die Soziokultur war das Projekt spartenoffen. Ziel war das gemeinsame Erarbeiten einer künstlerischen Produktion. Mit rund zehn Millionen Euro Fördersumme wurden bundesweit über 600 Projekte verwirklicht.

Jedes Projekt war ein mehrmonatiger Bildungsprozess, der von drei Kooperationspartnern konzipiert und von Künstler*innen und Kulturpädagog*innen umgesetzt wurde. Teilnehmende waren Kinder und Jugendliche, die bis dato wenig Erfahrung mit Projekten kultureller Bildung und kaum Zugang zu Kulturangeboten hatten. Jedes Konzept war zuvor von einer Jury inhaltlich bewertet und für die Förderung ausgewählt worden.

„Jugend ins Zentrum!“ - nicht nur Projektname, sondern überzeugtes Ziel

Die Themen und Pläne der Teilnehmenden standen im Fokus der Projektgestaltung. Ausgehend von ihren Interessen konnten sie für sich neue Ausdrucksformen entdecken, Prozesse mitgestalten, Kulturveranstaltungen besuchen, miteinander Sichtweisen, Rollen und Positionen suchen und verhandeln. Sie wurden von Künstler*innen begleitet, denen diese Prozesse vertraut sind, die vom Ausprobieren, sich Annähern und Präzisieren ein Lied singen und die das Scheitern und Umwege als bereichernde Weiterentwicklung denken können.

In einer Umfrage zu den Projektergebnissen im März 2023 nannten die Beteiligten Themen, die über die künstlerische Arbeit hinaus zentral waren für die Projekte. Die Vermittlung von Fähigkeiten wie Sozialkompetenz (80 %), Themen wie Sozialraum, Quartier, Stadt (64 %), Diversität und Vielfalt (62 %), Antidiskriminierung (44 %) sowie Politik und Gesellschaft (42 %) standen im Vordergrund.

2013-2017: Langfristige Bildungs- und Beziehungsprozesse im Fokus

In der ersten Förderphase 2013-2017 lag der Fokus auf längerfristigen Bildungsprozessen. Das erläutert die damalige Projektleiterin Kristina Rahe: „Bei den künstlerischen Workshops nahm die intensive Beziehungsarbeit eine wichtige Rolle ein. Die Projektarbeit war produkt- ebenso wie prozessorientiert. Die längere Projektlaufzeit hat diesem Anspruch Rechnung getragen. Damit ermöglichte sie den experimentellen Freiraum, um ausreichend auf die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen einzugehen. Sie konnten sich, wenn notwendig, neben der künstlerischen Produktion auch gänzlich anderen Themen rund um Alltag, Schule und Elternhaus widmen.“

2018-2022: Pandemieauswirkungen für Kinder und Jugendliche in Risikolagen erleichtern

Ganz anders in der Zeit der Pandemie. Sie verschärfte die Lage von Kindern und Jugendlichen in Risikolagen deutlich. Sie machte den Zugang zu Projekten kultureller Bildung wichtiger denn je. Und sie beeinflusste die zweite Förderphase maßgeblich. Der Bedarf nach einem flexiblen Kurzformat war hoch, digitale oder hybride Workshops und Veranstaltungen wurden etabliert, manche Vereinfachung konnte greifen. Die Projektakteur*innen haben auf kreative und engagierte Weise den Zugang zu den Projekten ermöglicht. Aauch wenn die Beantragung von wirtschaftlichen Hilfen damals nahezu sämtliche personelle Ressourcen gebunden hat.

Trotz der erschwerten Bedingungen während der Pandemie konnte „Jugend ins Zentrum“ die Maßgaben der Förderungen einhalten. Von den geplanten 365 Maßnahmen erhielten 264 Förderung mit 89 Prozent des geplanten Volumens von 6,2 Mio. Euro.
Hier werden exemplarisch drei Projekte vorgestellt.

Eigene Geschichtsschreibung, inklusiv und partizipativ, aktive Mediennutzung und Stadtraumgestaltung – Beispielprojekte

Rund 250 Besucher*innen kamen zur filmischen Abschlusspräsentation, um „Die schlichte Wahrheit über die Räuber vom Mordkuhlenberg“ zu erfahren. 2 207 Mal wurde der Film auf YouTube geklickt. Das interkulturelle und inklusive Filmprojekt „Sagenverfilmung Dammer Berge“ war hoch partizipativ angelegt. Das Drehbuch entwickelten Jugendliche mit und ohne Behinderung gemeinsam, sie gestalteten Kostüme und Requisiten, waren vor und hinter der Kamera tätig. Vom Schnitt bis zur Produktion der Filmmusik setzten sie alle Schritte mit um. So konnten alle gemeinsam von ihrem Dorf und ihren Dammer Bergen erzählen und ihre eigene Geschichtsschreibung verfilmen. Ein rundum gelungenes Projekt kultureller Bildung!

Die DAWQS Academy fokussierte auf die Entwicklung und Aufnahme eigener Songs. Die Jugendlichen erprobten alle Schritte, die für eine professionelle Musikproduktion erforderlich sind. Mit Unterstützung von zwei Musikproduzenten erstellten sie über den Projektzeitraum vier fertige Songs. Sie schrieben Harmonien und spielten sie ein. Sie mischten Songs, setzten Kompressoren und Equalizer ein. Sie sangen Vocals ein, fanden gemeinsam ihren Ton und Rhythmus.  Sie pitchten, rappten Verse, bauten Beats, lernten Noten. Teilweise arbeitete eine Kleingruppe am PC mit der Musiksoftware, eine andere probte am Klavier.

Was braucht der Refrain, wie funktioniert Songwriting?

Entscheidend im Projekt war der Spaß an der Musik für die Teilnehmenden. Plötzlich war nicht mehr wichtig, ob sie normalerweise Techno, Rock oder HipHop hören, sondern dass sie zusammen an einem Projekt arbeiten. Entsprechend wurde demokratisch abgestimmt, welches Genre die Songs bedienen. Gemeinsam wurde für das Kollektiv ein Name gesucht und gefunden: "youth.less". Das Logo wurde erstellt, die Cover für die Singles vorgezeichnet und dann mit Photoshop experimentiert bis es perfekt war. Zwei Songs sind auf den gängigen Musikplattformen veröffentlicht: Outta My Mind und Sehnsucht.

Das Mitmachprojekt für Kinder und Jugendliche „City4Kids“ fragte: In was für einer Stadt möchtet ihr leben? Und wie könnt ihr sie mitgestalten? Durch gemeinsame Expeditionen im Stadtraum, Reflexionen darüber, welche Bedürfnisse für jede und jeden zählen, um im eigenen Umfeld zufrieden zu sein sowie planerischer und handwerklicher Crashkurse, gestalteten die Kids mit Statements und Objekten ihren Kiez neu. Sie eigneten sich die Stadt an, in der sie leben möchten – welche Erkenntnis ist wichtiger im Sinne demokratischer Teilhabe?

Erfolg dank der gemeinsamen Arbeit

Die erfolgreiche Umsetzung des Projektes „Jugend ins Zentrum!“ konnte nur gemeinsam erreicht werden. Der Bundesverband Soziokultur e. V. dankt dafür den vielen beteiligten Kindern und Jugendlichen, Projektleiter*innen, Künstler*innen, Ehrenamtlichen, Techniker*innen, Gestalter*innen, Pädagog*innen! Eure Projekte bilden die grandiose Vielfältigkeit der Soziokultur ab!

DANKE an das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., an alle Kolleg*innen der Programmpartner*innen, Servicestellen und der Begleitstruktur! DANKE an die engagierten ehrenamtlichen Jurymitglieder aus soziokulturellen Einrichtungen aus ganz Deutschland, den Vorstand des Bundesverbandes Soziokultur – im besonderen Margret Staal, die das Projekt inhaltlich begleitete –, an die Geschäftsleitung und alle Kolleg*innen, die „Jugend ins Zentrum!“ mit Enthusiasmus, Durchhaltevermögen und Fachexpertise umgesetzt haben.

 

„Jugend ins Zentrum!“ war Teil des Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Autor*innen

  Katrin Jahn Projektleitung Jugend ins Zentrum! katrin.jahn@soziokultur.de

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