Die freie Szene in Oldenburg hat sich zusammengeschlossen, um ihren Forderungen nach Unterstützung für ihre Nachhaltigkeitsprozesse mehr Gehör zu verschaffen. Dabei nutzen sie die Klimaziele der Stadt für ihre Argumentation. Ergebnis ist ein Policy Paper1, das es in sich hat.
Aktivierung
Die Idee wurde im Januar 2023 in der Kulturetage Oldenburg beim Workshop „Nachhaltigkeitsmanagement im Kulturbetrieb“ geboren, den Franziska Mohaupt, Referentin für nachhaltige Entwicklung des Bundesverbandes Soziokultur, gemeinsam mit Bettina Stiller von der Kulturetage entwickelt und durchgeführt hat. Die Frage lautete damals: Wie kann der Stiftungsrat der Kulturetage den Nachhaltigkeitsprozess unterstützen?
Im Workshop wurde von Anfang an über die Grenzen der Kulturetage hinausgedacht und diskutiert, denn der Stiftungsrat wollte die Rahmenbedingungen beeinflussen und mit konkreten Forderungen an die Stadt herantreten, am besten gleich für alle Kulturschaffenden in Oldenburg. Die Kulturetage wollte ein Forum für ökologischen Austausch und die Akquise von Fördermitteln schaffen und dafür alle Kulturinstitutionen ins Boot holen. Kernelement: ein Stundenkontingent für Nachhaltigkeitsbeauftrage in Kultureinrichtungen.
Entscheidung: Wir gehen es gemeinsam an
Die Idee wurde zum Beschluss und setzte Energien frei: Insgesamt gab es sechs Treffen mit den Oldenburger Kultureinrichtungen, auf denen über deren Verantwortung, sich für Nachhaltigkeit stark zu machen, wie auch über die notwendige Unterstützung durch die Stadt diskutiert wurde. Der Zuspruch war enorm. Deutlich wurde, dass es ohne zusätzliche personelle Kapazitäten für das Thema nicht gehen wird. Statt jedoch für jede Kultureinrichtung zusätzliches Personal zu fordern, schlug das Bündnis vor, hierfür gemeinsam Forderungen an die Stadt zu stellen.
Dies ermöglicht etwa, dass eine Person das Thema für alle vorantreibt. Gleichzeitig starteten einzelne Einrichtungen erste Schritte, erstellten Klimabilanzen, leiteten Maßnahmen ab und stellten Anträge für die energetische Sanierung von Gebäuden. Das Bündnis verfasste ein Policy Paper, das die eigene Verantwortung und erste Aktivitäten mit dem notwendigen Unterstützungsbedarf geschickt verknüpfte und sich außerdem auf die Klimaziele der Stadt Oldenburg bezog.
Unbedingt nachmachen!
In dem Papier steckt viel Energie. Der Prozess ist ermutigend und kann als Vorbild dienen:
- Gemeinschaftlich: Viele, wenn nicht alle Kultureinrichtungen, stehen derzeit vor ähnlichen Fragen. Wie kann ich meine Einrichtung nachhaltiger aufstellen und dem Thema die dafür notwendige Priorität einräumen? Wie komme ich an Informationen und Fördermittel? Sich diesen Fragen gemeinsam zu stellen, macht Mut.
- Synergetisch: Wenn es ein gemeinsames Ziel gibt, kann man sich die Aufgaben aufteilen. Die Klimabilanz einer Einrichtung liefert Informationen für Handlungsschwerpunkte und Maßnahmen. Informationen zu Fördermög- lichkeiten können ausgetauscht und Anträge gemeinsam gestellt
- Schlagkräftig: Den gemeinsamen Auftritt und die Veröffentlichung von Forderungen und eigenen Aktivitäten kann die Stadt nicht Eine Auseinandersetzung auf Augenhöhe ist so besser möglich.
- Klug: Durch Austausch und das gemeinsame Verhandeln lassen sich häufig bessere Lösungen finden. Möglich wird so beispielsweise, dass eine Personalstelle finanziert wird, die die Nachhaltigkeitsaktivitäten mehrerer Kultureinrichtungen gleichzeitig vorantreiben Das ist viel effektiver, als wenn jede Einrichtung sich allein auf den Weg macht.
Was mit einem Workshop in der Kulturetage begann, ist zu einem Bündnis geworden, das sich nun gemeinsam den Herausforderungen stellt. Anstatt um Fördermittel zu konkurrieren, finden die Einrichtungen einen Weg, wie die Mittel am besten für eine nachhaltige Entwicklung einge- setzt werden. Das ist unbedingt nachahmenswert.
Dieser Beitrag ist erschienen in der SOZIOkultur 4/2023 Digitalität