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12.04.2024

#DIGITALITÄT, Digitalisierung, Magazin SOZIOkultur, Streifzüge durch die Soziokultur

Barcamp „Soziokultur und digitaler Wandel“ mit der Radarstation in Zürich

#SKAmp

Von: Christine Plüer und Dr. Eike Rösch

Mitten in der Transformation

2021 plante die Deutschschweizer Soziokulturszene das Berufssymposium „Labor Soziokultur 3.0“, partizipativ, versteht sich. Das Thema, das dabei besonders rasch zum Fliegen kam, war „Soziokultur und Digitalität“. Wenige Monate, nachdem sich die am Thema Interessierten kennengelernt hatten, war ein Verein gegründet: Der Verein Radarstation – Raum zur (Ver-)Ortung von Digitalität in der Soziokultur. Gemeinsam mit anderen Playern veranstaltete die Radarstation schon im Herbst 2022 das „Barcamp Soziokultur und digitaler Wandel“, kurz #SKAmp. Denn wir alle steckten damals bereits mittendrin in der digitalen Transformation. Ziel war es, mit dem Barcamp #SKAmp das Thema „Digitalität in der soziokulturellen Animation (SKA)“ auf den Tisch zu bringen. Wir wollten gemeinsam diskutieren, Ideen entwickeln, Tools kennenlernen, ausprobieren, experimentieren und vieles mehr. Ein reger Austausch über die Auswirkungen, Herausforderungen, Chancen und Potentiale der Digitalisierung innerhalb der soziokulturellen Animation war geplant.

#SKAmp22

Ein Barcamp wird auch „Unkonferenz“ genannt. Dabei wird bewusst kein Konferenzprogramm im Voraus festgelegt. Die Themen, die in den Sessions besprochen oder bearbeitet werden sollen, werden von den Anwesenden zu Beginn der Veranstaltung gemeinsam festgelegt. Man spricht daher auch lieber von Teilgebenden als von Teilnehmenden, um diese aktive Rolle zu unterstreichen. Denn ohne die Anwesenden gibt es bei einem Barcamp keine Inhalte.
Die Themen der Sessions machten die umfassende Bedeutung des digitalen Wandels für die Soziokultur deutlich: Egal ob als Jugendarbeiter*in, Betriebsleitung, Quartierarbeiter*in oder Altersbeauftragte*r – in allen Funktionen und Rollen stehen wir vor neuen Fragen und veränderten Aufgaben. So ging es beim #SKAmp22 um Wissensmanagement sowie um Digitalstrategien von Organisationen ebenso wie um die Gestaltung digitaler Angebote mit Blick auf die Ziele der soziokulturellen Animation oder die (Digital-)Kompetenzen von Adressat*innen.

#SKAmp23

Was sich bewährt, sollte weitergeführt werden – und so gab es auch in diesem September ein eintägiges Barcamp, das #SKAmp23. Hinter der Veranstaltung stehen ein noch breiter abgestütztes Kernteam und 50 anwesende Fachpersonen. Auch diesmal haben alle Beteiligten ein vielfältiges Programm ermöglicht. Die Inhalte sind gut im Programm (s. Sessionplan) dokumentiert. Einige Erkenntnisse und Diskussionen sind hier zusammengefasst:

  • Digitale Bildung findet auch innerhalb informeller Bildung statt, somit hat die soziokulturelle Animation (auch) den Auftrag, digitale Skills weiterzugeben. Dafür brauchen wir Grundkompetenzen und die eigene Neugier. Denken wir dies weiter, so wird klar, dass sich unsere Arbeit nochmals stark verändern wird, wenn wir Sozialräume offiziell als hybrid betrachten und damit Onlinegames und Social Media als Teil davon anerkennen. Für Jugendliche – und auch für Erwachsene – sind sie es längst.
  • Nur, das alles geht nicht einfach so nebenbei. Um der Digitalität gerecht zu werden, braucht es Know-how, Konzepte, entsprechende Infrastruktur, Zeit und die strukturelle Verankerung im Betrieb. Da besteht weitgehend noch Handlungsbedarf hinsichtlich zusätzlicher (!) Ressourcen. Die Auftraggebenden und Arbeitgebenden sind gefragt.
    Merke: Schon für einen guten Social-Media-Auftritt sind mindestens zwei Stunden pro Woche aufzu- wenden. Auch müssen künftig gewisse Lösungen national gedacht werden, nicht regional wie bisher. So ist der digitale Raum quasi grenzenlos und der Zugang, der Log-in, nicht an den Wohnort gebunden.
  • Die zahlreichen Tools und Apps machen zudem die tägliche Arbeit in der soziokulturellen Animation komplexer. Welches Tool ist wofür geeignet, wo sind zusätzlich auch Datenschutz und Usability gewährleistet? Zahlreiche Fachpersonen suchen nach Orientierung und so wurde vor Ort eine Sammlung1 von bewährten Links zusammentragen.
  • Gleichzeitig wurde beim SKAmp23 das Thema Nähe und Distanz im digitalen Raum vertieft, im Kontext von Daten- und Persönlichkeitsschutz. Die Adressat*innenschaft soll geschützt sein, gleichzeitig müssen die Fachpersonen für sich selbst definieren können, wie stark sie sich im beruflichen Kontext digital darstellen und ihre eigenen Grenzen setzen.

Unsere Arbeit wird sich stark verändern, wenn wir Sozialräume als hybrid betrachten.

Blick in die Zukunft

Zuletzt richteten die Teilgebenden beim SKAmp23 den Blick in die Zukunft. Organisationen der soziokulturellen Animation müssen sich – wie alle Organisationen – durch Strukturen von ihrer Umwelt abgrenzen, um Zugehörigkeit und Arbeitsprozesse zu ermöglichen. So entstehen Grenzen. Digitale Tools kratzen an solchen Grenzen und weisen auf eine Utopie einer poststrukturellen soziokulturellen Animation hin. Was braucht es, damit aus der Utopie eine konkrete Utopie wird? Darüber wurde genauso diskutiert wie über ein Nutzer*innenbasiertes Interface, das diese dabei unterstützen soll, die richtige Fachstelle zu finden. Apropos Zukunft: Die Voten im Abschlussplenum machten nochmals deutlich, dass im Format Barcamp die Vernetzung untereinander so richtig gelungen ist. Es gilt nun, weiter die Kräfte zu bündeln und gemeinsam Konzepte zu entwickeln. Damit und mit Blick auf die diversen Inhalte ist klar, dass das #SKAmp24 stattfinden wird.

 

#SKAmp23 wurde vom Verein Radarstation, dem DOJ – Dachverband für offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz, von Soziokultur Schweiz, der Hochschule Luzern, Institut für Soziokulturelle Entwicklung sowie von Netzwerke GWA Schweiz gemeinsam organisiert. Nicht zuletzt fließen viele Stunden freiwilliger Arbeit ein, dank des Engagements von weiteren Akteur*innen und Fachpersonen aus der Community.

 

Dieser Beitrag ist erschienen in der SOZIOkultur 4/2023 Digitalität

 

 

 

 

Autor*innen

  Christine Plüer ist Soziokulturelle Animatorin und Co-Geschäftsleiterin der Stiftung Soziokultur, Schweiz.
  Dr. Eike Rösch ist Medienpädagoge, Erziehungswissenschaftler und Projektleiter der Radarstation.

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