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17.01.2020

#KOOPERATIONEN

Meinung: Die Bereitschaft, sich einzulassen

Von: Jascha Rohr

Unsere Gesellschaft braucht Zusammenarbeit. Eine vielfältige, nachhaltige Welt in Frieden lässt sich nicht ohne die Zusammenarbeit von Menschen mit verschiedenen Perspektiven, Kulturen, Erfahrungen und Fähigkeiten denken.

Die Qualität von Zusammenarbeit kann jedoch extrem unterschiedlich ausfallen. Wir alle kennen den Frust, wenn Gruppen ihre schlechtesten Eigenschaften entfalten und Zusammenarbeit zäh, frustrierend, blockierend und konfliktreich wird. Nicht selten leiten wir daraus ab, dass Zusammenarbeit eben nicht funktioniert. Es scheint einfacher, wenn wir unsere genialen Gedanken und Projekte im stillen Kämmerlein mit uns selbst entwickeln, nur um dann doch feststellen zu müssen, dass die gleichen Ideen spätestens in der Umsetzung auf das Verständnis, die Kooperation, die Motivation und die Fähigkeiten anderer angewiesen sind.

 

Wir alle kennen den Frust, wenn Gruppen ihre schlechtesten Eigenschaften entfalten und Zusammenarbeit zäh, frustrierend, blockierend und konfliktreich wird.

 

Ich glaube, dass es hilft, sich die Begriffe anzuschauen, mit denen wir Zusammenarbeit beschreiben, wenn wir nach einer guten Qualität von Zusammenarbeit suchen. Ich verwende in meiner Arbeit die Begriffe Kooperation, Kollaboration und Kokreation sehr spezifisch.

Kooperation

Kooperation heißt für mich, dass zwei oder mehrere Personen, Organisationen oder Institutionen vereinbaren, sich zusammenzutun. Dabei leistet jede Partei ihren Teil, aber am Ende gehören die Ergebnisse allen. Eine Kooperation findet zum Beispiel statt, wenn ein Forschungsinstitut mit einem Sozialprojekt in einem Forschungsprojekt kooperiert. Das Forschungsinstitut forscht, das Projekt macht seine Arbeit, beide hatten Teil am Forschungsprojekt als Kooperationspartner. Die Basis einer Kooperation ist eine Vereinbarung.

Kollaboration

Kollaboration hat in Deutschland einen militärischen Beigeschmack, dabei heißt der Begriff in der Übersetzung einfach nur Zusammenarbeit. Im Englischen ist er neutraler verwendet. Man kann auch bei der Organisation eines Gartenfestes „kollaborieren“. Durch Kollaborationstools im Internet beginnt der Begriff auch in Deutschland eine neutralere Bedeutung zu erhalten. Wenn wir durch ein Tool gemeinsam an einem Text im Internet arbeiten, dann befinden wir uns in einer Kollaboration. Ich benutze den Begriff also, wenn Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven und Kompetenzen direkt zusammenarbeiten. Die Basis von Kollaboration sind gemeinsame Werkzeuge und Methoden.

Kokreation

Kokreation ist für mich eine Vertiefung dieser Zusammenarbeit, bei der es darum geht, einen gemeinsamen kreativen Prozess zu erleben, der zu neuen Ideen führt und emergente Lösungen und Innovation ermöglicht – einen gemeinsamen schöpferischen Prozess. Dazu braucht es mehr als Vereinbarungen oder gemeinsame Werkzeuge, dazu braucht es gemeinsame Haltungen, Übungen, Verständnis, Empathie und eine tiefe persönliche und kollektive Auseinandersetzung mit Themen. Es braucht die Bereitschaft, sich auf neue Erfahrungen, Transformationen und Erkenntnisse einzulassen. Kokreation entsteht, wenn zum Beinspiel Menschen aus Politik, Verwaltungen und Zivilgesellschaft neue politische und soziale Innovationen für ihre Stadt oder ein Thema wie den Klimaschutz entwickeln.

In diesem Verständnis ist Kooperation ein erster wichtiger Schritt. Kokreation dagegen ist eine Vertiefung, die wir meist noch üben, erlernen und entwickeln müssen. Sie ist eine Kulturtechnik, von der möglicherweise die Zukunft unserer Gesellschaft in Zeiten globaler Krisen abhängen wird.

Autor*innen

  Jascha Rohr Institut für Partizipatives Gestalten

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