Keine Selbstverständlichkeiten: in Paris, einer der größten europäischen Metropolen, arbeitet ESKE EWEN in der Außenstelle des deutschen akademischen Austauschdienstes (daad). Dabei blickt sie gerne zurück in die Provinz, auf ihre Jugendzeit in der Ländlichen Akademie Krummhörn.
„Zirkus Päpparoni“ hieß es auf allen Plakaten im Dorf und über nichts Anderes mehr wurde in meiner Klasse geredet. Das Stück war großartig, und bei der nächsten Musiktheaterproduktion „Tipp, tipp und weg“ – kurz vor meinem zehnten Geburtstag – stand ich selbst auf der Bühne. Die Ländliche Akademie Krummhörn e.V. (LAK) schuf im äußersten Nordwesten Deutschlands, fern von größeren Städten mit einem abwechslungsreichen und klassischen Kulturleben, eine soziokulturelle Dynamik, die gefühlt alle Familien der Gemeinde mitriss. Theater, Posaunen- und Handglockenchöre, Bandprojekte, Festivals, Malwerkstätten, Töpfern, Quilten, Zirkusworkshops – für die kreativen Angebote gab es keine Grenzen. Wer eine Idee hatte, brachte sie ein, und gemeinsam mit den ehrenamtlichen Mitgliedern von Vorstand und Beirat fand das Team der LAK Mittel und Wege, diese mit außergewöhnlichem Engagement umzusetzen.
Kinder und Erwachsene respektierten sich und begegneten sich auf Augenhöhe ebenso wie Schüler*innen unterschiedlichster Schulformen, Menschen mit mehr oder weniger Geld, Kranke und Gesunde. Erst als ich wegzog, musste ich erfahren, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Von vielen Produktionen wird heute noch geschwärmt, und jede neue Bekanntschaft, die dort ihren Anfang nahm, machte meine Heimat viel schöner und weniger entlegen.
Dieser Beitrag ist erschienen in der SOZIOkultur 3/2019 Beheimatet