Über den Dächern von Koblenz findet das „SommerKunstCamp Kunstreich“ statt. Das bedeutet für circa 50 junge Kunstbegeisterte einmal im Jahr ein Wochenende des Austauschs und der gemeinsamen kreativen Arbeit. Das diesjährige Camp fand unter dem motto „Faktor heimat – gestern, heute, morgen“ statt.
Vier professionelle Künstler*innen aus ganz Deutschland begleiteten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 15 und 27 Jahren sowohl thematisch als auch handwerklich und förderten individuelle Fähigkeiten. Der ambivalente Charakter des Begriffs „Heimat“ wurde in den Gesprächen schnell deutlich. Denn auf der einen Seite haftet ihm noch immer der verstaubte Charakter von Kegelklubs und Blasorchestern an. Auf der anderen Seite wird Heimat zu einem Kampfbegriff, der die Eingliederung der einen und die Ausgrenzung der anderen legitimiert.
Das Thema ist relevant, und sowohl die private als auch die gesellschaftliche Ebene von Heimat untersteht einem dauerhaften Wandel. In den Workshops Holzschnitt, Mode, Graffiti und Zeichnung wurden Omas Kittelschürzen zu modischer Kleidung verarbeitet und Heimatzeichnungen mit Glas und Wachs konserviert. Heimatbilder, die zum Beispiel den Bergbau zeigen, wurden in Holzplatten eingearbeitet und spektakulär mithilfe einer Straßenwalze auf Papier gedruckt. Auch die Gefahr des Heimatverlustes durch Umweltverschmutzung und Klimawandel wurde künstlerisch mithilfe von Spraydosen dargestellt. Teilnehmerin Doris Klopotan fasste zusammen: „Für uns war es eine erstklassige Erfahrung, da wir die Gelegenheit hatten, mit verschiedenen Techniken zu arbeiten, die wir noch nie zuvor erlebt hatten. Eine wunderschöne Erfahrung!“ Bei genauerem Blick barg der „Faktor Heimat“ also unglaublich viel Potenzial für die künstlerische Auseinandersetzung, und das wurde das ganze Wochenende voll ausgeschöpft.
Mira Niessen, Kulturwissenschaftlerin, Projektleiterin und Vorstandsmitglied in der Jugendkunstwerkstatt Koblenz, Masterstudentin Kulturmanagement und Kulturpädagogik.
Dieser Beitrag ist erschienen in der SOZIOkultur 3/2019 Beheimatet