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06.01.2021

#LOCKNROLL

Schleswig-Holstein: Drohenden Konkurs verhindern [Soziokultur im Ländervergleich, Teil 13]

Von: Günter Schiemann

Die Unterschiede bei den Förderbedingungen für die soziokulturelle Arbeit sind zwischen den einzelnen Bundesländern zum Teil sehr groß. Die Corona-Krise hat diese Unterschiede noch einmal verdeutlicht.

Kultur gehört bekanntlich zu den freiwilligen Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung, die deshalb auch durch die Kommunen zu finanzieren sind. Besonders in strukturschwachen Gebieten und in Problemquartieren von Großstädten reichen die kommunalen Einnahmen seit Jahrzehnten bei weitem nicht hin, um eine Grundfinanzierung der soziokulturellen Einrichtungen zu gewährleisten, die ein Mindestmaß an Planungssicherheit bietet. Während der letzten Jahre weisen die Leistungen unserer Mitgliedseinrichtungen sowohl qualitativ als auch quantitativ große Zuwächse auf. Parallel dazu hat sich beim Bund und in den Ländern das Bewusstsein vertieft, dass Soziokultur eine unverzichtbare Rolle für das demokratische Gemeinwesen spielt und mit vereinten Kräften unterstützt werden muss. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen aber zum Teil sehr große Unterschiede. Es gab sie bereits während der „normalen“ Vor-Pandemiezeiten, und es gibt sie in den landespolitischen Reaktionen auf die aktuelle Krise. Erstmalig geben die Landesverbände einen Überblick über beides.

Teil 13: Schleswig-Holstein

  • Landesprogramme ergänzen Hilfsprogramme des Bundes.
  • Die Zentren appellieren auch an Publikum und Freunde.

Zur Fördersituation
Schleswig-Holstein bewegt sich im Ländervergleich der Kulturausgaben pro Kopf im unteren Viertel. Das Land sieht aber durchaus den wesentlichen kulturellen Beitrag, der durch die soziokulturellen Zentren – insbesondere auch in den ländlich geprägten Räumen – erbracht wird. Es fördert die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Soziokultur Schleswig-Holstein e.V., darüber hinaus soziokulturelle Projekte und Investitionen in Einrichtungen der Soziokultur. Die Gesamtfördersumme hat sich während der letzten zehn Jahre erhöht.

Shutdown verhindert Eigenerwirtschaftung
Der Shutdown hat die Akteure der Soziokultur wie den gesamten Kulturbereich vor komplizierte Aufgaben gestellt. Die soziokulturellen Zentren sind aufgrund ihrer strukturellen Unterfinanzierung besonders stark durch die aktuellen behördlichen Anordnungen zur Schließung des gesamten Kulturbetriebes im Lande betroffen. Sie können derzeit, wie andere Kultureinrichtungen auch, keinerlei Einnahmen in den Bereichen Veranstaltungen, Gastronomie und Vermietung erzielen. Dieser Eigenerwirtschaftungsanteil macht aber 50 Prozent und mehr der Gesamteinnahmen der Zentren aus.

Ausfallhonorare und Kurzarbeitergeld
Ebenfalls massiv betroffen sind Künstler*innen. Sie können mangels Auftrittsmöglichkeiten ihren Lebensunterhalt nicht mehr sicherstellen. Die LAG Soziokultur forderte mit Erfolg, dass den Künstler*innen trotz „höherer Gewalt“ eine Ausfallgage von 50 Prozent der vereinbarten Gage im Rahmen von öffentlich geförderten Projekten gezahlt werden darf.

Das Gesetz „zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ gilt bis zum 31. Dezember 2021. Bis dahin sind soziokulturelle Zentren grundsätzlich berechtigt, Kurzarbeit anzumelden, sobald zehn Prozent ihrer sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von Arbeitsausfall betroffen sind.

Programme des Bundes und des Landes
Aktuell bereits geforderte beziehungsweise aktive Hilfsprogramme von Bund, Land und Kommunen können den drohenden Konkurs der Zentren verhindern oder wenigstens stark abmildern. Neben den Bundesprogrammen „Corona-Soforthilfeprogramm des Bundes“, „NEUSTART. Sofortprogramm für Corona-bedingte Investitionen in Kultureinrichtungen“, „Soforthilfeprogramm Heimatmuseen“ und „Vor Ort für Alle. Soforthilfeprogramm für Bibliotheken in ländlichen Räumen“ gelten in Schleswig-Holstein die folgenden Programme als wichtige Corona-Hilfen für Kulturschaffende:

>>> Soforthilfe Kultur des Landes Schleswig-Holstein:
Für gemeinnützige Kultur- und Weiterbildungseinrichtungen sowie Einrichtungen der Minderheiten und Volksgruppen gab es ergänzend die „Soforthilfe Kultur“ des Landes Schleswig-Holstein. Sie griff ebenfalls, wenn existenzbedrohende Liquiditätsengpässe vorliegen. Eine Antragstellung in diesem Programm erfolgte über das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und war bis spätestens Ende Mai 2020 möglich.

>>> #Kulturhilfe SH:
Eine Soforthilfe für freie Künstler*innen in Schleswig-Holstein bietet die #KulturhilfeSH des Landeskulturverbandes. Sie wurde durch Landesmittel wesentlich aufgestockt. Um an der wöchentlichen Vergabe von bis zu 1.000 Euro pro Projekt teilnehmen zu können, ist die Einreichung einer kurzen Projektskizze erforderlich. Die Antragstellung kann nur einmalig erfolgen. Künstler*innen, die in früheren Ausschüttungsrunden bereits 500 Euro erhalten haben, können jetzt einen zweiten Antrag über 500 Euro stellen.

Solidarität des Publikums
Wir appellieren auch an die Solidarität des Publikums. Zum Beispiel ist der Verzicht auf die Erstattungsgebühr für zurückgegebene Eintrittskarten eine Unterstützung. Die vielerorts bereits geflossenen Spenden des Publikums sind Beweis für die enge Verbundenheit zwischen der Soziokultur und ihren Nutzer*innen.

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