Mit einem Wahlprogramm ist es wie mit einem guten Kuchen: Je besser das Rezept, desto geschmackvoller das Ergebnis. In Sachsen wählen die Bürger*innen 2024 einen neuen Landtag. Derzeit entwickeln die Parteien ihre Wahlkampfthemen. Damit für die Soziokultur nicht nur die Krümel bleiben, hat der Landesverband Soziokultur Sachsen e.V. der Politik ein Rezeptbuch für eine gelingende soziokulturelle Arbeit vorgelegt.
Die politische Lage in Sachsen ist durchaus angespannt. Verschiebungen in den Mehrheitsverhältnissen sind wahrscheinlich. Wenn das große Stühlerücken beginnt und die Eckpunkte der neuen Regierung verhandelt werden, müssen die Anliegen der Soziokultur bereits gut platziert und vermittelt sein. Denn nicht jede Partei steht für eine stabile und kreative Kulturpolitik.
Einzelne kulturpolitische Sprechende kommen von sich aus auf die Akteure der Kultur zu, um Bedarfe und Herausforderungen zu erfragen. Da dies aber die Ausnahme darstellt, entstand im Landesverband das Bild eines „Forderungskataloges“ bezüglich der Wahlprogramme für die Landtagswahl 2024 in Sachsen. Er wurde proaktiv an alle größeren Parteien verschickt. Diese Idee ging auf wie ein Hefeteig. Aus wenigen Anfangsgedanken wurde eine umfassende PDF-Broschüre „ZUTATEN für eine ausgewogene und vielfältige Kulturpolitik in der kommenden Legislaturperiode im Freistaat Sachsen“ mit vier Thesen, welche auf unterschiedliche Problemstellungen in der soziokulturellen Arbeit hinweisen.
These 1: Bildungskonzepte ohne kulturelle Bildung zu entwickeln ist so zielführend, wie eine Eierschecke ohne Eier zu backen.
In diesem Abschnitt steht die Entwicklung der kulturellen Bildung in der Soziokultur im Vordergrund. Unter anderem geht es um eine intensive Beteiligung der Soziokultur in den Entwicklungsprozessen von Ganztagsangeboten sowie der besseren Verankerung der Leistungen des SGB VIII (insb. §§ 11-14) im Landesjugendhilfegesetz.
These 2: Der Kuchen wird nicht mehr, wenn man die Stücke kleiner schneidet.
In diesem Themenblock geht es um die Verstetigung bewährter Einrichtungen und Projekte durch Überführung in die institutionelle Förderung. Zudem wird auf die Notwendigkeit einer fairen Vergütung in der Kulturarbeit hingewiesen.
These 3: Selbst der größte Kuchen schmeckt nicht, wenn die Stücke ungerecht verteilt werden.
Mindestens ebenso wichtig wie die Finanzierung der Kultur, ist in Sachsen die anhaltende Diskussion über die Verteilung dieser Mittel innerhalb der Kultursparten. Diesbezüglich muss sich die Soziokultur im Freistaat mit bescheidenen Anteilen zufriedengeben, obwohl dies aus fachlicher Sicht nur schwer zu begründen sein dürfte. Auch das Thema Eigenmittel und finanzschwache Kommunen wird in diesem Abschnitt mit aufgegriffen.
These 4: Es geht nicht um ein Stück vom Kuchen, es geht um die ganze Bäckerei.
In diesem sehr umfassenden Kapitel wird u. a. hervorgehoben, dass Inklusion in der Kultur nicht die Sahne auf dem Kuchen sondern eine grundlegende Zutat für den Teig ist. Dementsprechend wird unterstrichen, dass die Kulturpolitik Inklusivität und Barrierefreiheit als „Must have“ auf die Agenda setzt und die noch weit verbreitete „Nice to have“ Mentalität abgelöst wird.
Inzwischen ist der Katalog bei den Parteien angekommen und erste Rückmeldungen sind erfolgt. Die Gespräche sollen mit den entsprechenden kulturpolitischen Vertretenden in verschiedenen soziokulturellen Zentren in Sachsen stattfinden. Dies bietet die Möglichkeit, die beschriebenen Themen und Problemlagen auch im Kontext der jeweiligen Region zu diskutieren.
Bleibt zu hoffen, dass alle wichtigen Zutaten für den Kuchen zusammenkommen.
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Dieser Beitrag ist erschienen in der SOZIOkultur 3/2023 Strategien