Wie plant man sichere Veranstaltungen? Welche Vorschriften sind zu beachten? Von Sicherheitskonzepten über Elektrotechnik bis hin zu Brandschutz – in der Reihe “Kultur – aber sicher! Praxiswissen für Veranstalter*innen” gibt Thomas Schiffmann, Experte für Veranstaltungssicherheit, praxisnahe Tipps für Kultureinrichtungen. Das nächste Seminar findet vom 6. bis 8. Mai 2025 in München statt.
AUFSICHTSPERSONEN
Die Leitung eines Betriebes ist verpflichtet, Aufsichtspersonen sorgfältig auszuwählen und zu überwachen. Sie müssen fachlich qualifiziert sein und branchenspezifische Gesetze und Verordnungen kennen. Wie sieht das in Kultureinrichtungen aus? Welches Funktionspersonal muss bei einer Veranstaltung vor Ort sein?
Für den Veranstaltungsbereich wird das Thema in zwei Regelwerken behandelt: Gültig für alle Einrichtungen, auch wenn sie keine Versammlungsstätten sind, ist die die Regel 115-002, § 15 „Leitung und Aufsicht“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV): „(1) Der Unternehmer darf Leitung und Aufsicht der Arbeiten in Veranstaltungs- und Produktionsstätten nur Bühnen- und Studiofachkräften übertragen. […] (3) Mit Aufführungen, Aufnahmen und Proben darf erst begonnen werden, nachdem der Aufsichtführende die Szenenflächen freigegeben hat.“
Gerade kleine Einrichtungen verfügen in der Regel nicht über Fachkräfte oder Meister für Veranstaltungstechnik. Bei geringem Gefährdungspotenzial kann das Beaufsichtigen auch einer geeigneten Person übertragen werden, die fachliche Kenntnisse und Erfahrungen besitzt sowie weisungsbefugt ist. Für Einrichtungen mit mehr als 200 Besucher*innenplätzen gelten die Versammlungsstättenverordnungen der Länder. Nach § 38 muss eine Veranstaltungsleitung ständig anwesend sein; wird eine Bühne beziehungsweise Szenenfläche inklusive Technik genutzt, nach §§ 39/40 zudem eine verantwortliche Person für Veranstaltungstechnik. Bei geringem Gefährdungsgrad kann dies durch eine Aufsicht führende Person wahrgenommen werden. Die Veranstaltungsleitung muss vom Moment der Öffnung für Besucher*innen anwesend sein, bis der oder die Letzte das Haus beziehungsweise Gelände verlassen hat, die verantwortliche Person für Veranstaltungstechnik vom Beginn des Aufbaus bis zum Ende des Abbaus.
Wie plant man sichere Veranstaltungen? Welche Vorschriften sind zu beachten? Von Sicherheitskonzepten über Elektrotechnik bis hin zu Brandschutz – in der Reihe “Kultur – aber sicher! Praxiswissen” gibt Thomas Schiffmann, Experte für Veranstaltungssicherheit, praxisnahe Tipps für Kultureinrichtungen. Das nächste Seminar findet vom 6. bis 8. Mai 2025 in München statt.
SICHERUNG VON HERABFALLENDEN GEGENSTÄNDEN
Gegen das Herabfallen von Gegenständen müssen sowohl im Bühnen- als auch im Publikumsbereich Schutzmaßnahmen getroffen werden. Das gilt nach der DGUV-Vorschrift V17/Regel 115-002, § 7 insbesondere für ortsveränderliche Beleuchtungs-, Bild- und Beschallungsgeräte. Diese müssen über zwei voneinander unabhängig wirkende Einrichtungen gegen ein Herabfallen gesichert sein müssen.
Was sind ortsveränderliche Geräte? Wenn beispielsweise ein Scheinwerfer so befestigt ist, dass die Aufhängevorrichtung mit bloßen Händen gelöst werden kann, um ihn an eine andere Position zu hängen, dann ist dieser ortsveränderlich. In dem Fall ist eine sekundäre Sicherung vorgeschrieben. Der gleiche Scheinwerfer ist ortsfest, wenn die Aufhängung nur mit Werkzeugen gelöst werden kann. Dann ist eine sekundäre Sicherung nicht notwendig. In der Regel wird als sekundäre Sicherung ein Sicherungsseil, ein sogenanntes Safety, verwendet – ein Drahtseil mit Seilendverbindung und Schnellverbindungsglied. Je nach zu sichernder Last muss es ausreichend dimensioniert sein. Hier sind die Herstellerangaben zu beachten. Das Sicherungsseil ist so anzubringen, dass ein Fallweg möglichst gering ist. Bei Scheinwerfern, die ausgerichtet werden müssen und Bewegungs-Spielraum benötigen, darf der maximale Fallweg 20 Zentimeter nicht überschreiten. Die Sekundärsicherung ist am vorgesehenen Befestigungspunkt anzubringen. Griffe oder Ähnliches sind ungeeignet.
Wichtig: Auch lose Zusatzteile oder sich lösende Teile müssen durch Einrichtungen aufgefangen werden können. Seile oder Bänder aus natürlichen oder synthetischen Fasern dürfen nicht verwendet werden, da sie bei Temperatureinwirkung keine ausreichende Sicherheit mehr bieten.
Mehr dazu in der DGUV-Information 215-131 „Lasten über Personen“.
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ANFORDERUNGEN AN ELEKTRISCHE LEITUNGEN
Elektrische Leitungen sind im Veranstaltungsbetrieb, auf Bühnen oder im Freien hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Personen treten darauf, es werden schwere Cases mit Rollen darüber geschoben und auch Glasbruch ist anzutreffen. Hinzu kommt, dass die Leitungen aufgrund der angeschlossenen Geräte und der hohen elektrischen Leistungen oft erheblichen thermischen Belastungen ausgesetzt sind. Haushaltskabel und günstige Baumarkt-Steckdosenleisten sind hier völlig ungeeignet. Die verwendeten Isolierstoffe können sehr leicht mechanisch beschädigt werden und die Leitungsquerschnitte sind im Normallfall nicht für die angeschlossenen Geräteleistungen ausgelegt. Zudem weisen die Materialien dieser Kabel häufig ein ungünstiges Brandverhalten auf. Nach der Vorschrift DIN VDE 0100 711 dürfen in Veranstaltungsstätten (in Innenräumen sowie im Open Air-Bereich) nur Leitungen vom Typ (mindestens) H07RN-F 3G 1,5 (= schwere flexible Gummischlauchleitung) Anwendung finden. Bei Verbrauchern mit hohen Leistungen beziehungsweise größeren Kabellängen sind entsprechend höhere Querschnitte zu verwenden.
Ja, diese Leitungen kosten etwas mehr! Allerdings weisen sie aufgrund ihrer thermischen und vor allem mechanischen Belastbarkeit eine deutlich höhere Betriebssicherheit auf als die billigen Haushaltskabel. Die Gefahr, dass eine Veranstaltung aufgrund eines Fehlers in der Elektrik unterbrochen werden muss, ist so um ein Vielfaches geringer.
Unabhängig davon, welche Leitungen letztendlich zur Anwendung kommen, müssen alle Verlängerungs- und Geräteanschlussleitungen sowie alle ortsveränderlichen elektrischen Geräte (zum Beispiel Scheinwerfer) in regelmäßigen Abständen auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden – auch das reduziert die Gefahr von Veranstaltungsunterbrechungen erheblich. Durchführen kann diese Prüfung nur eine Person mit einer elektrotechnischen Fachausbildung.
Die entsprechenden Regelwerke dazu sind die DGUV Vorschrift 3 § 5, die Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1201 sowie die DGUV Information 203-071.
Wie plant man sichere Veranstaltungen? Welche Vorschriften sind zu beachten? Von Sicherheitskonzepten über Elektrotechnik bis hin zu Brandschutz – in der Reihe “Kultur – aber sicher! Praxiswissen” gibt Thomas Schiffmann, Experte für Veranstaltungssicherheit, praxisnahe Tipps für Kultureinrichtungen. Das nächste Seminar findet vom 6. bis 8. Mai 2025 in München statt.
SICHERHEITSKONZEPTE FÜR GROSSE VERANSTALTUNGEN
Die Versammlungsstättenverordnung VStättVO § 43 legt fest: „Erfordert es die Art der Veranstaltung, hat der Betreiber ein Sicherheitskonzept aufzustellen.“ Bei außergewöhnlichen, sehr aufwändigen Veranstaltungen innerhalb der eigenen Versammlungsstätte oder größeren Außer-Haus-Veranstaltungen, die ein gewisses Gefährdungspotential mit sich bringen, wird ein Sicherheitskonzept gefordert, das in einem Genehmigungsverfahren auch den entsprechenden Behörden vorgelegt werden muss.
Dieses Konzept muss die Örtlichkeit sowie Art und Ablauf der Veranstaltung beschreiben. Die verantwortlichen Personen müssen benannt und Zuständigkeiten exakt bezeichnet werden. Es müssen Angaben zu Rettungswegen, Besucher*innenlenkung, Notfallkonzepten, gegebenenfalls verkehrsrechtlichen Anordnungen und Zutrittsbeschränkungen gemacht werden. Infrastruktur, Toilettenanlagen, Wasserversorgung, Brauchwasserentsorgung und alle für die Veranstaltung zutreffenden Problemstellungen müssen behandelt werden. Hierunter fallen oft auch statische Bauabnahmen für Bühnen oder Aufbauten, Sicherheitsdienste, Sanitätsdienste und Ähnliches. Diese Auflistung ließe sich fortsetzen, da gerade Open-Air-Veranstaltungen aufgrund der konkreten Gegebenheiten vor Ort sehr individuell behandelt werden müssen.
Eine gute Hilfestellung stellt die Handreichung des Innenministeriums aus Nordrhein-Westfalen und das darin enthaltene Muster-Inhaltsverzeichnis der Düsseldorfer Feuerwehr dar. Hier sind alle infrage kommenden Punkte für ein Sicherheitskonzept aufgelistet; die für die eigene Veranstaltung relevanten Aspekte können herausgefiltert werden.
Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen: Sicherheit von Veranstaltungen im Freien mit erhöhtem Gefährdungspotenzial. Orientierungsrahmen für die kommunale Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung, überarbeitete 2. Auflage, S. 81 ff.: Anlage 3: Muster-Inhaltsverzeichnis für Sicherheitskonzepte (Feuerwehr Düsseldorf – Muster-Inhaltsverzeichnis für die Erstellung von Sicherheitskonzepten)
Download Muster-Inhaltsverzeichnis für Sicherheitskonzepte als PDF
Bayern betont immer wieder gerne, ein Kulturstaat zu sein, und ja mei, von mir aus: Kultur ja, … aber Soziokultur? Was war das gleich noch mal? Es hakt.
Als einziger soziokultureller Landesverband bundesweit haben wir, die LAG Soziokultur Bayern e.V., bis heute keine richtige Geschäftsstelle, bekommen keinerlei institutionelle Förderung und arbeiten daher rein ehrenamtlich. 2017 haben wir einen Antrag „Zur Einrichtung und Unterhaltung einer Landesgeschäftsstelle für die LAG Soziokultur Bayern mit der Aufgabe der Förderung, Beratung und Qualifizierung professioneller und ehrenamtlicher Kulturarbeit in Städten und dem ländlichen Raum Bayerns“ an das Bayerische Staatsministerium gestellt. Leider hat sich seitdem nichts getan. Ist es also schlicht die Behäbigkeit von Verwaltungen und öffentlicher Hand? Honi soit qui mal y pense …
Einzelberatungen und intensive Vernetzung sind uns wegen Pandemie und Personalmangel kaum möglich, die meisten Initiativen auf dem Land – gerade solche, die sich nicht im Speckgürtel von Städten und unter den warmen Fittichen der Kulturämter befinden – werden weiterhin ausschließlich ehrenamtlich gestemmt.
2018 initiierte die LAG Soziokultur das Projekt „CoKultur“, das sich besonders die Vernetzung von Akteur*innen und die Sichtbarmachung der Aktivitäten von Initiativen im ländlichen Raum zum Ziel gesetzt hat.
Zu „CoKultur“ gehört das Bestreben, den ländlichen Kulturraum in Bayern genauer zu sondieren, dabei auch die sicherlich angestaubte „strenge“ Definition der Mitgliedskriterien der LAG Soziokultur Bayern zu überprüfen und somit eine Mitgliedschaft zu erleichtern.
Neue Projekte und Kulturorte entstanden und entstehen in den Kleinstädten und Dörfern. Durch das Projekt „Co-Kultur“ lernten wir großartige Player*innen kennen: das „Projekt Else“ im Bahnhof von Münnerstadt zum Beispiel, ein soziokulturelles Projekt zur Leerstandsbelebung mit den Mitteln der Kunst, oder den Rio-Raum in Weiden, ein unabhängiger, diskriminierungsfreier, unkommerzieller und kollektiv gestalteter Freiraum. Zu Gast bei den Initiativen mit unserem Tool-Kit aus Methoden und Inhalten, dem „CoKultur-Koffer“, erlebten wir Ende 2019 bis Anfang 2020 einen riesigen Bedarf an Austausch und Begeisterung für kulturelles (Voran-)Treiben. Es gibt sie also, die Engagierten in der weiten Fläche Bayerns.
Doch die kleineren Initiativen im ländlichen Raum, die nicht strukturell gefördert werden und noch nicht auf einer pro- fessionellen Ebene arbeiten, können die bürokratischen Hürden kaum bewältigen. Anträge beim Kulturfonds Bay- ern sind auch ohne Corona sehr komplex.
Der Bundesverband Soziokultur e.V. verzeichnete für sein Programm LAND INTAKT ganze drei bayerische Anträge von deutschlandweit 167 Anträgen (Stand: 12.11.2020). Diese Zahl ist niederschmetternd gering. Mit mehr personellen Kapazitäten in der LAG Soziokultur hätten wir besser informieren, beraten und vernetzen können. Auch kleinste Initiativen, die nur aus wenigen Engagierten bestehen, hätten dann von dieser Strukturförderung profitieren können, die zwar wieder einmal keine Landesförderung, aber eigentlich genau auf die Bedürfnisse der neuen Initiativen zugeschnitten ist.
Wir freuen uns über die Nachwuchsszene Bayerns, die – gerade im ländlichen Raum – mit wenig Geld und unendlicher Kreativität Konzepte strickt und kulturelle Teilhabe ermöglicht. Für sie und alle soziokulturell Aktiven wäre es wichtig, stabile Strukturen auf Landesebene zu schaffen. Dafür brauchen wir die Unterstützung des Landes. Wir müssen neue Anläufe nehmen.