Bayern betont immer wieder gerne, ein Kulturstaat zu sein, und ja mei, von mir aus: Kultur ja, … aber Soziokultur? Was war das gleich noch mal? Es hakt.
Als einziger soziokultureller Landesverband bundesweit haben wir, die LAG Soziokultur Bayern e.V., bis heute keine richtige Geschäftsstelle, bekommen keinerlei institutionelle Förderung und arbeiten daher rein ehrenamtlich. 2017 haben wir einen Antrag „Zur Einrichtung und Unterhaltung einer Landesgeschäftsstelle für die LAG Soziokultur Bayern mit der Aufgabe der Förderung, Beratung und Qualifizierung professioneller und ehrenamtlicher Kulturarbeit in Städten und dem ländlichen Raum Bayerns“ an das Bayerische Staatsministerium gestellt. Leider hat sich seitdem nichts getan. Ist es also schlicht die Behäbigkeit von Verwaltungen und öffentlicher Hand? Honi soit qui mal y pense …
Einzelberatungen und intensive Vernetzung sind uns wegen Pandemie und Personalmangel kaum möglich, die meisten Initiativen auf dem Land – gerade solche, die sich nicht im Speckgürtel von Städten und unter den warmen Fittichen der Kulturämter befinden – werden weiterhin ausschließlich ehrenamtlich gestemmt.
2018 initiierte die LAG Soziokultur das Projekt „CoKultur“, das sich besonders die Vernetzung von Akteur*innen und die Sichtbarmachung der Aktivitäten von Initiativen im ländlichen Raum zum Ziel gesetzt hat.
Zu „CoKultur“ gehört das Bestreben, den ländlichen Kulturraum in Bayern genauer zu sondieren, dabei auch die sicherlich angestaubte „strenge“ Definition der Mitgliedskriterien der LAG Soziokultur Bayern zu überprüfen und somit eine Mitgliedschaft zu erleichtern.
Neue Projekte und Kulturorte entstanden und entstehen in den Kleinstädten und Dörfern. Durch das Projekt „Co-Kultur“ lernten wir großartige Player*innen kennen: das „Projekt Else“ im Bahnhof von Münnerstadt zum Beispiel, ein soziokulturelles Projekt zur Leerstandsbelebung mit den Mitteln der Kunst, oder den Rio-Raum in Weiden, ein unabhängiger, diskriminierungsfreier, unkommerzieller und kollektiv gestalteter Freiraum. Zu Gast bei den Initiativen mit unserem Tool-Kit aus Methoden und Inhalten, dem „CoKultur-Koffer“, erlebten wir Ende 2019 bis Anfang 2020 einen riesigen Bedarf an Austausch und Begeisterung für kulturelles (Voran-)Treiben. Es gibt sie also, die Engagierten in der weiten Fläche Bayerns.
Doch die kleineren Initiativen im ländlichen Raum, die nicht strukturell gefördert werden und noch nicht auf einer pro- fessionellen Ebene arbeiten, können die bürokratischen Hürden kaum bewältigen. Anträge beim Kulturfonds Bay- ern sind auch ohne Corona sehr komplex.
Der Bundesverband Soziokultur e.V. verzeichnete für sein Programm LAND INTAKT ganze drei bayerische Anträge von deutschlandweit 167 Anträgen (Stand: 12.11.2020). Diese Zahl ist niederschmetternd gering. Mit mehr personellen Kapazitäten in der LAG Soziokultur hätten wir besser informieren, beraten und vernetzen können. Auch kleinste Initiativen, die nur aus wenigen Engagierten bestehen, hätten dann von dieser Strukturförderung profitieren können, die zwar wieder einmal keine Landesförderung, aber eigentlich genau auf die Bedürfnisse der neuen Initiativen zugeschnitten ist.
Wir freuen uns über die Nachwuchsszene Bayerns, die – gerade im ländlichen Raum – mit wenig Geld und unendlicher Kreativität Konzepte strickt und kulturelle Teilhabe ermöglicht. Für sie und alle soziokulturell Aktiven wäre es wichtig, stabile Strukturen auf Landesebene zu schaffen. Dafür brauchen wir die Unterstützung des Landes. Wir müssen neue Anläufe nehmen.