Die Unterschiede bei den Förderbedingungen für die soziokulturelle Arbeit sind zwischen den einzelnen Bundesländern zum Teil sehr groß. Die Corona-Krise hat diese Unterschiede noch einmal verdeutlicht.
Kultur gehört bekanntlich zu den freiwilligen Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung, die deshalb auch durch die Kommunen zu finanzieren sind. Besonders in strukturschwachen Gebieten und in Problemquartieren von Großstädten reichen die kommunalen Einnahmen seit Jahrzehnten bei weitem nicht hin, um eine Grundfinanzierung der soziokulturellen Einrichtungen zu gewährleisten, die ein Mindestmaß an Planungssicherheit bietet. Während der letzten Jahre weisen die Leistungen unserer Mitgliedseinrichtungen sowohl qualitativ als auch quantitativ große Zuwächse auf. Parallel dazu hat sich beim Bund und in den Ländern das Bewusstsein vertieft, dass Soziokultur eine unverzichtbare Rolle für das demokratische Gemeinwesen spielt und mit vereinten Kräften unterstützt werden muss. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen aber zum Teil sehr große Unterschiede. Es gab sie bereits während der „normalen“ Vor-Pandemiezeiten, und es gibt sie in den landespolitischen Reaktionen auf die aktuelle Krise. Erstmalig geben die Landesverbände einen Überblick über beides.
Teil 10: Rheinland-Pfalz
- Rheinland-Pfalz gibt seit Jahrzehnten pro Kopf eher wenig für Kultur aus.
- Jetzt werden große Anstrengungen unternommen, um die Soziokultur über die Corona-Krise zu retten.
Das Land ist vielerorts ein wichtiger Partner
Rheinland-Pfalz wechselt sich mit Blick auf die „rote Laterne für geringe Pro-Kopf-Kulturausgaben“ immer wieder mit dem Saarland ab. Das bedeutet für die freie Kulturszene, also auch für die Soziokultur und kulturpädagogischen Einrichtungen, dass schon in normalen Zeiten die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Obwohl in Rheinland-Pfalz die soziokulturelle Bewegung in Form eines Landesverbandes erst spät sichtbar wurde (nur das Saarland war später), übernahm das Land in den vergangenen Jahren einen wichtigen Teil der Finanzierung. Zwar nicht in größtem Maße, aber so konnte die Szene kontinuierlich soziokulturelle Angebote aufbauen. Somit ist das Land in vielen Orten ein existenziell wichtiger Partner der Einrichtungen. Deshalb war es von großer Bedeutung, als der Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Prof. Dr. Konrad Wolf, nach dem Shutdown am 13. März zusicherte, dass beantragte Projektmittel sehr schnell in voller Höhe bewilligt werden und Projekte bis Ende des Jahres verschoben werden können. Bei Ausfall der Projekte können zumindest schon entstandene Kosten finanziert werden. Institutionelle Förderungen werden normal ausgezahlt. Das betrifft neben der LAG Soziokultur & Kulturpädagogik allerdings nur zwei Einrichtungen im Verband. Viele der Mitgliedseinrichtungen sind neben den jährlichen Projektförderungen auf mindestens 50 Prozent Eigeneinnahmen angewiesen. Sie bekamen nach dem ersten Schock nun die Möglichkeit zum Luftholen und für neue Planungen.
Große Not und viele Fragen
Zur Situation der Künstler*innen, Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen im Lande äußerte sich der Minister am 19. März in einem Interview mit dem SWR. Darin verwies er auf das Soforthilfeprogramm des Bundes und betonte, dass man die Künstler*innen und Kulturschaffenden im Blick habe und sie an dem 50-Milliarden-Programm des Bundes partizipieren könnten. Für den Lebensunterhalt der Solo-Selbstständigen wies er auf die von ihm als „Corona-Grundsicherung“ bezeichnete ALG-2-Grundsicherung hin, die unter vereinfachten Bedingungen beantragt werden könne. Leider wurde nach einem langen Hin und Her erst Mitte Mai entschieden, dass gemeinnützige Vereine ohne wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (zum Beispiel einer Gastronomie) das Soforthilfeprogramm des Bundes nicht in Anspruch nehmen können.
Speziell entwickelte Programme
Aufgrund der großen Not vor allem der Solo-Selbstständigen und der Schwierigkeiten mit dem Bundesprogramm gab es viele Eingaben an das Ministerium und einen nicht endenden Strom an Fragen und Hilferufen an die drei Kulturberater*innen im Lande. Deshalb bot Minister Wolf gemeinsam mit den Berater*innen Telefon- und Videotermine an, bei denen Künstler*innen und Kulturschaffende ihn persönlich sprechen konnten. Um die problematische Lage der Einzelkünstler*innen zu lindern und auch den kleinen Vereinen zu helfen, die durch alle Hilferaster fielen, installierte das Land Anfang Mai, also vergleichsweise recht spät, mit IM FOKUS - 6 PUNKTE FÜR DIE KULTUR ein spezielles Förderprogramm für Künstler*innen und Kulturschaffende sowie für rein gemeinnützig tätige (Kultur-) Vereine. Künstler*innen können somit Projektstipendien in Höhe von 2.000 Euro erhalten, die nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden. Dies gilt aber zunächst nur für diejenigen, die Mitglied in der Künstlersozialkasse sind. Die Förderung für gemeinnützige Vereine wird in Form von Zuschüssen gewährt, ähnlich dem Soforthilfeprogramm des Bundes. Das Programm ist leider subsidiär angelegt, das heißt Antragsteller*innen müssen zunächst alle eigenen Möglichkeiten ausschöpfen, also etwaige Ansparungen oder Rücklagen zur Bewältigung der Krise vollständig verbrauchen. Weiterhin legte das Land ein Programm zur Unterstützung der Programmkinos, ein Investitionsprogramm für digitale Infrastruktur und ein Förderprogramm zur Wiederaufnahme von Veranstaltungen unter Corona-Bedingungen auf. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sie den Nöten entgegenwirken können.