Ein Vergleich zwischen den Bundesländern
Die Unterschiede bei den Förderbedingungen für die soziokulturelle Arbeit sind zwischen den einzelnen Bundesländern zum Teil sehr groß. Die Corona-Krise hat diese Unterschiede noch einmal verdeutlicht.
Kultur gehört bekanntlich zu den freiwilligen Aufgaben kommunaler Selbstverwaltung, die deshalb auch durch die Kommunen zu finanzieren sind. Besonders in strukturschwachen Gebieten und in Problemquartieren von Großstädten reichen die kommunalen Einnahmen seit Jahrzehnten bei weitem nicht hin, um eine Grundfinanzierung der soziokulturellen Einrichtungen zu gewährleisten, die ein Mindestmaß an Planungssicherheit bietet. Während der letzten Jahre weisen die Leistungen unserer Mitgliedseinrichtungen sowohl qualitativ als auch quantitativ große Zuwächse auf. Parallel dazu hat sich beim Bund und in den Ländern das Bewusstsein vertieft, dass Soziokultur eine unverzichtbare Rolle für das demokratische Gemeinwesen spielt und mit vereinten Kräften unterstützt werden muss. Zwischen den einzelnen Ländern bestehen aber zum Teil sehr große Unterschiede. Es gab sie bereits während der „normalen“ Vor-Pandemiezeiten, und es gibt sie in den landespolitischen Reaktionen auf die aktuelle Krise. Erstmalig geben die Landesverbände einen Überblick über beides.
Teil 4: Bremen
- Nach langem Stillstand wurden mehr Mittel für Soziokultur in den neuen Haushalt eingestellt.
- Das Land legte Soforthilfen auf und richtete eine Taskforce der Kulturbehörde ein.
In Bremen ist die derzeitige Situation von der Haushaltsaufstellung nach der Wahl im letzten Jahr geprägt. Der Haushalt soll im Juni 2020 verabschiedet werden. Mit dem 2018 vorgestellten Kulturförderbericht, der in enger Kommunikation mit der Kulturszene der Stadt entwickelt wurde, ist ein wichtiger Grundstein für die Haushaltsverhandlungen gelegt worden. Die freie Szene wird stärker gefördert. Es sind höhere Projektmittel in den Haushalt eingestellt. Das wird die Situation der Einrichtungen in der Stadt stabilisieren und wieder Bewegungsspielraum in der freien Szene schaffen. Nach jahrelangem Stillstand, einer zusammengesparten kulturellen Infrastruktur und realen Kürzungen der Förderungen ist dies ein erster positiver Schritt.
Erhöht werden mit 5,2 Millionen Euro für das Jahr 2020 und 5,4 Millionen Euro für 2021 vor allem die konsumptiven Mittel im städtischen Haushalt, also das Geld, mit dem die kulturellen Institutionen dauerhaft gefördert werden. Der andere Teil der Mittel, je 3,3 Millionen Euro, wird für Tariferhöhungen benötigt.
Die aktuellen Planungen betreffen die Bereiche Stadtkultur, Museen und Theater/Tanz. Die Arbeit der Bürgerhäuser wird gestärkt und es wird mehr variabel einsetzbare Projektmittel geben. Auch die junge Szene und die Subkultur können sich auf mehr Unterstützung einstellen. Die Politik lobte den Einsatz der Kulturbehörde in den Haushaltsverhandlungen und hob die Wichtigkeit der Förderung von Kultur für eine lebendige Stadtgesellschaft hervor. In Bremen sind viele kulturelle Einrichtungen über einen Haushaltstitel institutionell gefördert.
Durch die Auswirkungen der Pandemie sind jetzt jedoch viele Einrichtungen gefährdet. Die Eigeneinnahmen (Ticketverkauf, Gastronomie, Kursgebühren, Teilnahmebeiträge) sind weggebrochen und die Mischfinanzierungen, in denen die meisten Einrichtungen agieren, sind plötzlich nicht mehr auskömmlich. Kurzarbeitergeld, Soforthilfeprogramme des Bundes und speziell vom Land Bremen aufgelegte Soforthilfen werden derzeit von allen gesichtet und beantragt. Auch die freien Künstler*innen der Stadt suchen nach Möglichkeiten für Soforthilfen und Unterstützung.
216 freie Kulturschaffende haben bis zum 2. Mai einen Zuschuss aus dem Sofortprogramm für Künstlerinnen und Künstler des Senators für Kultur erhalten. Die Taskforce der Kulturbehörde bewilligte Zuschüsse von rund 383.000 Euro. Der Bremer Senat hatte das mit insgesamt 500.000 Euro dotierte Programm am 31. März auf Vorschlag der Kulturbehörde auf den Weg gebracht. „Wir haben mit dem Sofortprogramm eine der Lücken in der bisherigen Architektur der Hilfsprogramme in Corona-Zeiten schließen können“, sagte Staatsrätin Carmen Emigholz. Anders als in anderen Förderflächen nimmt das Kulturressort keine weiterlaufenden Betriebskosten in den Fokus, sondern wegbrechende Einnahmen der Antragsteller*innen. Das Programm ist für diejenigen Künstler*innen gedacht, bei denen nicht die fortlaufenden Kosten bei fehlenden Einnahmen und ein daraus entstehender Liquiditätsengpass – wie im Bundesprogramm –, sondern allein die fehlenden Einnahmen das Problem sind. Derzeit stellen wir fest, dass sich in der Umsetzung des Programms noch Probleme ergeben. Wir kommunizieren sie mit der Kulturverwaltung.
Bremen unterstützt den Bundesratsantrag „Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativlandschaft in Deutschland sichern – Hilfen für Kulturschaffende und Kultureinrichtungen spezifisch und mittelfristig wirkend ausgestalten“, der sich zum Ziel setzt, die Existenz selbstständiger Künstler*innen zu sichern und weite Teile der Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativwirtschaft zu stützen.
Unsere Verbandsarbeit wird an die veränderten Bedingungen angepasst. Wir planen unsere Jahreshauptversammlung als Videokonferenz und hoffen, dass wir sie bis Ende Juni vielleicht (fast) normal durchführen können.
(Stand 20. Mai 2020)
Der Vergleich zwischen den Bundesländern ist in der Zeitschrift SOZIOkultur 2/2020 Lock’n’Roll erschienen.